Eine Auswahl meiner bisherigen Veröffentlichungen.

Veröffentlichungen

  • Die Kurzgeschichte Am Grunde des Flusses in der Anthologie "Zu neuen Ufern" des Schreiblust-Verlags, Dortmund, 2021, S 53ff.

Am Grunde des Flusses (Auszug)

 

Der Wind lässt das Feuer auflodern, das gegen die Dämmerung ankämpfend, orangene Schatten wirft. Ein Mann sitzt davor, zupft sich den staubigen Poncho zurecht, zieht den Hut tiefer ins Gesicht und stochert mit einem Stock in der Glut. Über die Flammen hinweg scheint er die untergehende Sonne zu beobachten.   

  Doch seinen wachen Augen ist nicht entgangen, dass im Norden, höchstens eine Meile entfernt, ebenfalls ein Feuer entfacht wurde. Die Winchester liegt geladen auf seinem Schoß. Er lauscht aufmerksam in den Abend, doch außer den Böen ist nicht einmal das Rauschen des nahen Flusses zu hören. Der Mann ist sich sicher, dass man ihn in der Nacht aufsuchen wird.

Umso erleichterter ist er, als sich gegen das grelle Rot des Himmels drei Silhouetten abzeichnen, die auf ihn zukommen. Keine Diebe, geht es ihm durch den Kopf. Das Gewehr lässt er dennoch nicht aus der Hand.

 

„Hey, Mister. Dürf’n wir uns zu Ihnen setz’n?“

 Südstaatendialekt. Sicher auf der Durchreise.

 „Selbstverständlich“, erwidert der Mann fast flüsternd.

 „Danke. Mein Name is’ Jimmy. Das sin’ Dave un’ Earl. Freunde von mir. Sie sin’ Brüder.“

 Ohne den Kopf zu heben, legt der Mann den glühenden Stock zur Seite und antwortet knapp: „Daniel.“

 Woll’n Se’n Whisky? Wir hab’n das Feuer geseh’n und dacht’n uns, etwas Gesellschaft in so ’ner Nacht kann nicht schad’n“, redet Jimmy, die Flasche entkorkend, fröhlich weiter.

 Auch die Geschwister haben sich gesetzt. Dave trägt eine Latzhose, die über seiner Wampe spannt. Er hat helles Haar, etwas Flaum auf den Backen und sieht beim Versuch, sich eine Zigarette zu drehen unbeholfen aus.

 Sein Bruder Earl ist schmächtig. Trägt ein dunkles Hemd und hat bräunlichen Haarwuchs. Er wirkt ernst und lässt die Winchester keine Sekunde aus den Augen.

 Die dürften nicht älter als zwanzig sein, kombiniert Daniel und beobachtet die drei Gestalten aufmerksam, da sie Pistolen tragen. Wenn auch schlechte.

 Jimmy, ebenfalls dünn, mit einem Dauerlächeln unter seinem riesigen Sombrero wirkt älter und vor allem redseliger, da er munter weiterredet:

 „Also, Sir, was mach’n Se ganz alleine mitt’n in Texas, wenn ich frag’n darf?“

 „Ich bin auf dem Weg nach Hause“, lügt Daniel, „zu meiner Familie.“

Er war nie verheiratet und falls er Kinder hat, kennt er sie nicht. Nur Marta war es fast gelungen, ihn zu binden. Mit ihren haselnussbraunen Augen und der sanften Stimme. Doch ein Soldatenleben lässt sich nicht mit einer Familie vereinen. Davon ist Daniel heute überzeugter als damals. Daher ist er erleichtert, dass niemand weiterfragt.

(...)